Rund 100 Zuhörerinnen und Zuhörer drängten sich im Rathaus-Sitzungssaal: Der Klimastammtisch Weikersheim hatte zum Infoabend mit Sebastian Fiedler vom Förderkreis Umweltschutz Unterfranken e.V. eingeladen. Thema: „Regenerativ heizen – aber wie?“
Fiedler, promovierter Diplomingenieur, Energieberater und Energieeffizienzexperte, hat das in der öffentlichen Debatte hoch umstrittene Gebäudeenergiegesetz (GEG), mit dem die Bundesregierung darauf hinarbeitet, dass Gebäude ab dem kommendem Jahr überwiegend mit erneuerbarer Energie beheizt werden, gemeinsam mit Kollegen genau unter die Lupe genommen. Sein Fazit: Keiner muss jetzt schnell die Heizung durch eine neue Anlage ersetzen: Auch in die Jahre gekommene Heizanlagen können weiter betrieben und bei Bedarf repariert werden. Das Gesetz, dem bislang noch die Billigung des Bundestages fehlt, schreibe zwar vor, dass ab dem 1. Januar 2024 möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit Erneuerbaren Energien betrieben werden soll. Aber in Panik geraten müsse deshalb niemand.
Gleich mehrere Gründe dafür führte Fiedler an: Erstens gebe es keine sofortige Austauschpflicht, zweitens lange Übergangsfristen – erst ab 2045 dürfen Heizungen nicht mehr mit fossilem Erdgas oder Heizöl betrieben werden –, drittens kostengünstige Alternativen und viertens sei ein rechnerischer Nachweis für die theoretisch mögliche 65-prozentige und übers gesamte Jahr zu rechnende Heiznutzung Erneuerbarer Energien ausreichend, um dem Gesetz Genüge zu tun.
Das gelte selbst für alten Baubestand in denkmalgeschützten Innenstädten, so Fiedler. Zwar ließen sich hier Luft-Boden-Wärmepumpen mit ihren aufwändigen und teuren Bohrungen oder die Montage größerer Photovoltaikanlagen teilweise nur schwer realisieren, aber mit Luft-Luft-Wärmepumpen stünden bei minimalem Aufwand und zu geringen Kosten Alternativen zur Verfügung, die eine Beheizung der Wohnungen entsprechend der neuen Gesetzeslage ermöglichen.
Das Gesetz sei pragmatisch – und „bewusst technologieneutral“ formuliert, was es Eigentümern ermögliche, individuelle Lösungen – etwa Kombinationen aus Strom, Gas, Öl, Wärmepumpe – umzusetzen. Der geforderte 65-Prozent-Anteil Erneuerbarer Energien sei auch rein rechnerisch nachweisbar. Dabei, so Fiedler, sei auch zu beachten, dass alte Heizungsanlagen, noch auf die kälteren Winter früherer Jahre ausgelegt worden seien. Anzusetzen sei aber bei der Berechnung nicht die installierte, sondern die real benötigte Heizleistung, die angesichts der veränderten Witterungsbedingungen deutlich gesunken sei.
Unter anderem auf der Basis der Daten des Deutschen Wetterdienstes hat der Darmstädter „Energiesparkommissar“ Carsten Herbert – Diplom-Bauingenieur und seit 2004 selbständiger Energieberater – errechnet, dass eine 1990 installierte 28kW-Heizung im Jahr 2022 effektiv nur noch 14 kW benötigte.
Fiedler und Kollegen haben eigene Analysen erstellt und Herberts Berechnungen auf Herz und Nieren geprüft, vor-, zurück- und hin und her gerechnet und keinen Fehler finden können. Das Ergebnis lässt aufatmen: Selbst bei vor drei Jahrzehnten installierten Heizanlagen genügen ein bis zwei Luft-Luft-Wärmepumpen, die, da sie die Luft direkt erwärmen, nicht in die vorhandene Heizungs-Infrastruktur eingreifen, um der 65-Prozent-Forderung zu genügen.
Luft-Luft-Wärmepumpen gibt es bereits in Preislage ab rund 3000 Euro, womit sich die Größenordnungen der Finanzierung einer GEG-konformen Heizlösung speziell im Altbestand recht gewaltig von den teilweise in Umlauf befindlichen mehreren zehntausend Euro deutlich unterscheiden.
Die kompletten Präsentationsfolien des Vortrags von Sebastian Fiedler, die auch installierenden Betrieben bei den erforderlichen Berechnungen helfen dürften, sind auf der Homepage des Klimastammtischs Weikersheim (www.klima-weikersheim.de) unter der Rubrik „Download“ abrufbar.
Bereits am kommenden Donnerstag (27. Juli) findet die nächste Veranstaltung des Klimastammtischs Weikersheim statt. In Zusammenarbeit mit Jürgen Muhler von der Energieagentur Main-Tauber geht es ums Thema Freiflächen-Photovoltak. Die Informationsveranstaltung „Photovoltaik lohnt sich – Jetzt aktiv werden!“ in der AMC-Halle Laudenbach beginnt um 16 Uhr. Ergänzt wird der Info-Vortrag durch die anschließende Besichtigung einer Freiflächen-PV-Anlage. Die Veranstalter freuen sich über vorherige elektronische (nadine.hofmann@main-tauber-kreis.de) oder telefonische (09341/82-5827) Anmeldung.